Weitere Denkmalsarbeiten


Das Weber-Denkmal hatte für Paul Peterich den künstlerischen Durchbruch in seiner Heimat gebracht.Mit dem künstlerischen Erfolg war aber auch ein finanzieller verbunden, der ihm einen anschließenden ersten Aufenthalt in Rom ermöglichte.
Jetzt kam Paul Peterich zum erstenmal mit den Kunstschätzen der Antike in Berührung, die dann einen entscheidenden Einfluß auf seine weitere künstlerische Entwicklung nehmen sollten.
Zum Ende des 19. Jahrhunderts errichtete man zunehmend vielen verdienstvollen Persönlichkeiten Denkmäler zu ihrer Ehrung. Zur Ausführung war die Denk malskunst aufgefordert, die besonders zu dieser Zeit in hoher Blüte stand.
Feierliche Einweihung des Reventlou-Beseler-Denkmals 1891.Links: Paul Peterich
Abb. rechts: Feierliche Einweihung des Reventlou-Beseler-Denkmals 1891.Links-Paul Peterich

In Berlin erreichte Peterich im Jahre 1890 die Aufforderung zur Beteiligung an dem Wettbewerb für ein Denkmal, das die Stadt Schleswig den beiden verdienten Statthaltern der Landesteile Schleswig und Holstein nach 1848, Friedrich Graf von Reventlou und Wilhelm Hartwig Beseler *), den Repräsentanten der schleswig-holsteinischen Bewegung, errichten wollte (27, 28).
Nachdem ein zu diesem Zweck gegründetes Komitee hierfür bereits jahrelang Geld gesammelt hatte, erfolgte ein Preisausschreiben, das an »alle deutschen Künstler« gerichtet war. Drei Entwürfe wurden in die engere Wahl gezogen. Schließlich erhielt Paul Peterich einen Vertrag, dieses Denkmal für 17.000 Mark zu schaffen.
Paul Peterichs Name war mit seinem Weber-Denkmal in Eutin über die engeren Grenzen seiner Heimat hinaus bekannt geworden, und so blieb es nicht aus, daß er nunmehr aufgefordert wurde, sich an weiteren Ausschreibungen zu beteiligen. Und er tat dies mit großem Erfolg! Er stellte sich dieser Herausforderung, obwohl ihm bewußt war, daß festumrissene Aufträge wenig Raum ließen zur Entfaltung eigener schöpferischer Kräfte. Es gelang ihm jedoch weitgehend, sich diesem auferlegten Zwang zu entziehen und stets das Symbolhafte in seinen Werken darzustellen, was in seinen preisgekrönten Arbeiten Anerkennung fand.
Die Vorgaben zu diesem Reventlou-Beseler-Denkmal verlangten zunächst eine Höhe von fünf bis sieben Metern und den Hinweis auf die Eingliederung der beiden Herzogtümer Schleswig und Holstein in das Deutsche Reich unter Führung Preußens. Paul Peterich erhielt mit seinem Entwurf unter vierzehn Bewerbern den Auftrag. Er entsprach den gestellten Forderungen durch einen hohen Marmor Obelisken mit dem preußischen Adler und den Wappen beider Herzogtümer als Krönung.

Die Inschrift des Reventlou-Beseler-Denkmals
Abb. rechts: Die Inschrift des Reventlou-Beseler-Denkmals

»Statt der geforderten Bildnisse der beiden Statthalter, In Medaillons nebeneinander', schuf Peterich als begabter Bildhauer zwei Porträtbüsten, links Beseler, rechts Reventlou. « (23) »Die in anderthalbfacher Lebensgröße gegossenen Bronzebüsten der Statthalter zeichnen sich durch sprechende ähnlichkeit und durch packende lebendige Gestaltung aus«, heißt es in einem zeitgenössischen Bericht. (27) »Seiner eigenen Idee entsprang ferner die das Denkmal beherrschende Gestalt des einfachen Kriegers, ein Soldat der von den Verbündeten verlassenen schleswig-holsteinischen Armee, der sichtlich mit dem Rücken an der Wand' kämpft, aber das Schwert nicht aus der Hand läßt und seine Linke auf das Dokument des Vertrages von Ripen stützt, die Urkunde seines guten Rechts« (Paul Cruse) von 1460, die den Schleswig-Holsteinern zusichert, »datse bliven ewich tosamende ungedelt«

Das Reventlou-Beseler-Denkmal, Schleswig 1988
Abb. rechts: Das Reventlou-Beseler-Denkmal, Schleswig 1988

Reventlou-Beseler-Denkmal wurde am 24. Juli 1891 vor dem damals »Königlich preußischen Amtsgericht« im Beisein des Schöpfers feierlich eingeweiht. »Das Denkmal ist von gebietender Form und ein würdiger Ausdruck des Gedankens, welcher der schleswig-holsteinischen Bewegung zu Grunde lag«, so ein zeitgenössischer Bericht. (2) Für die Errichtung dieses Monuments zum Andenken an die beiden verdienstvollen Männer erhielten die Schleswiger tatkräftige Unterstützung von der opferfreudigen schleswig-holsteinischen Bevölkerung und ihrem Landtag. Heute steht von dem Denkmal nur noch der Obelisk.
Die Bronzefiguren wurden leider im zweiten Weltkrieg für die Buntmetallsammlung eingeschmolzen, an ihre Stelle setzte man schlichte Steinkugeln. Es blieb seither ein Fragment, lediglich die eingemeißelte Inschrift »Den Statthaltern Schleswig-Holsteins der Jahre 1849-51 « erinnert an die geschichtliche Bedeutung dieses Denkmals für unser Land. Die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes dieses für die Heimatgeschichte bedeutenden Denkmals ist nicht nur wünschenswert, sie sollte Verpflichtung sein. Sie müßte doch von der Stadt Schleswig unter Mithilfe des Landes Schleswig-Holstein zu erreichen sein.


Paul Peterichs nächster ehrenvoller Auftrag kam wiederum aus Schleswig. Er verdankte ihn dem bereits in Eutin als Fürsprecher aufgetretenen Rochus Freiherr von Liliencron *), dem späteren ehrenamtlichen Klosterpropst von Schleswig. Zwischen beiden entwickelte sich ein freundschaftliches Verhältnis. Die von ihm geschaffene Porträtbüste Rochus Freiherr von Liliencron,eine hoch bewertete Arbeit, wurde in die Königliche National-Galerie Berlin aufgenommen. Sie ist nicht erhalten. In Schleswig sollte auch den Schöpfern des »Schleswig-Holstein-Liedes«, dem Dichter Matthias Chemnitz *) und dem Komponisten Karl Bellmann *), ein Denkmal gesetzt werden. Das Chemnitz-Bellman Denkmal in Schleswig. Aufnahme von 1896

Abb. rechts: Das Chemnitz-Bellman Denkmal in Schleswig. Aufnahme von 1896

Der bereits im Jahre 1890 gefaßte Plan nahm 1894 konkrete Form an. Das Komitee hatte bereits 12.000 Mark für diesen Zweck gesammelt, wovon der Plattdeutsche Verein in New York fast 2000 Mark aufgebracht hatte. Auch hier erhielt Paul Peterich den Zuschlag,jedoch mit der Auflage, »aus Sittlichkeitsgründen« den von ihm nackt entworfenen Heldenjüngling mit einem Lendenschurz zu versehen. »Mit mächtigem Schwung schreitet der prächtige Körper aus, den Blick nach Süden, nach Deutschland, gewandt.« (Paul Cruse) (23). Die beiden Geehrten fanden ihren Platz auf Flachreliefs am Sockel des Denkmals. Mit diesem Werk hat Paul Peterich nicht nur den beiden Schöpfern, sondern auch dem Schleswig-Holstein-Lied selbst und der Stadt Schleswig, als seinem Ausgangspunkt, ein Denkmal gesetzt. Nicht ihre Persönlichkeit, nur ihr Werk, das Schleswig-Holstein-Lied, das hier auf dem Schneckenberg im Jahre 1844 zum ersten Male vom Schleswiger Gesangverein gesungen wurde, war entscheidend. Die hinreißende Macht des Liedes, das von hier seinen Siegeszug durch ganz Deutschland antrat, ist in der Jünglingsgestalt großartig verkörpert.Paul Peterich löste die Aufgabe für das Chemnitz-Bellmann-Denkmal durch eine vier Meter hohe Jünglingsgestalt mit Leier und Schwert in den Händen.
Die Reliefs der beiden Geehrten: Links: Matthias Chemnitz,der Textdichter Rechts: Karl Bellmann,der Komponist der Melodie

Abb. rechts: Die Reliefs der beiden Geehrten: Links: Matthias Chemnitz,der Textdichter Rechts: Karl Bellmann,der Komponist der Melodie

Auf der Rückseite des Denkmals erinnert die nachstehende Inschrift unter dem von Eichen umkränzten Schleswig-Holstein-Wappen an die Grundsteinlegung: ZUM STETEN ANDENKEN AN DIE SCHöPFER DES SCHLESWIG-HOLSTEIN-LIEDES, DAS HIER AM 24. JULI 1844 ZUERST GESUNGEN WURDE. DER GRUNDSTEIN WURDE GELEGT AM 24. JULI 1894.
Dieses Peterich-Denkmal ist erhalten geblieben und ragt heute noch dort von der Höhe des Schneckenberges weit ins Land, wo es am 6. Juli 1896, 30 Jahre nach dem Waffenstillstand von Nikolsburg, der den Krieg von 1866 beendete, eingeweiht wurde. Bei der Enthüllung zeigte sich die Jünglingsfigur jedoch statt mit einem Schurz mit einem Ahornblatt. Diese Eigenwilligkeit des Künstlers wurde im Nachhinein von den Honoratioren gebilligt. Das Chemnitz-Bellmann-Denkmal ist volkstümlich geworden als der »Peter vom Schneckenberg« (24). Das Chemnitz-Bei/mann-Denkmal in Schleswig ragt noch heute von der Höhe weit ins Land ...

Abb. rechts: Das Chemnitz-Bei/mann-Denkmal in Schleswig ragt noch heute von der Höhe weit ins Land ...


Die Vollendung des Chemnitz-Bellmann-Denkmals bildete den Höhepunkt und zugleich auch den Abschluß dieser Schaffensperiode. Paul Peterich ist im Jahre 1898 (nach dem Tod des Reichskanzlers Otto von Bismarck am 30. Juli 1898) noch einmal für die Errichtung eines Denkmals, und zwar eines Bismarckdenkmals, in Schleswig in Konkurrenz getreten. Auch diese Aufgabe packte er von der Idee her an. Sein Entwurf zeigte Siegfried, den Drachentöter, als Symbol für den zu Ehrenden. Die Schleswiger Honoratioren aber wollten Bismarck in Kürassieruniform, so daß er mit seinem Entwurf nicht zum Zuge kam. In seiner oft drastischen Art berlinerte er dazu: »Dann kommen nachher die Jenerale und kieken nach, ob die Knöppe ooch richtig sind.«
Als die Stadt Kiel Kaiser Wilhelm l. *) ein Denkmal setzen wollte, war Paul Peterich mit seinem Entwurf nur mit dem bereits sehr bekannten Husumer Bildhauer Adolf Brütt *) als Mitbewerber in die engere Wahl gezogen worden. Es entstand jedoch nun ein Streit in der Tagespresse, der erheblichen Einfluß auf die Entscheidung hatte. Den Zuschlag erhielt schließlich Adolf Brütt *).
Paul Peterich, jedem Streit abhold, wurde durch solche Erfahrungen die Schaffung von Denkmälern verleidet.
Er wandte sich nun von dieser Richtung seines Schaffens, der Denkmalskunst, ab, die zunehmend an feste Auflagen gebunden war, die sein künstlerisches Empfinden einengte und seiner freien künstlerischen Entwicklung hinderlich war. Ein Höhepunkt war erreicht.
Aus Anlaß seines 100. Geburtstages schrieben die »Schleswiger Nachrichten« in der Ausgabe vom 1. Februar 1964 mit der Veröffentlichung des Bildes vom Chemnitz-Bellmann-Denkmal über Peterichs Denkmalskunst: »Gegen Denkmäler ist unsere Zeit empfindlich geworden. Ihre Hochblüte erreichten sie in Deutschland gegen Ende des vorigen Jahrhunderts. Manche sind inzwischen den Ereignissen oder Bedürfnissen zweier Kriege zum Opfer gefallen ... Die noch erhaltenen haben uns eigentlich nur noch etwas zu sagen, wenn in ihnen eine Idee künstlerische Gestalt angenommen hat. Das gilt in unserer Heimat besonders von den Arbeiten, die Paul Peterich geschaffen hat.« (24)